Japan

Dies wird kein Reise­bericht. Ich picke ein­fach ein paar Aspek­te her­aus, die mir auf der Reise wichtig erschienen bzw. zum Nach­denken anregten.

In Japan lebten im Jahr 2024 92.9 % der Bevölkerung in urba­nen Gebi­eten. Seit 2015 nimmt die Bevölkerung ab. Die meis­ten Men­schen in Japan leben in den Städten: Die grössten sind Tokio, Yoka­hama, Osa­ka und NagoyaKyoto fol­gt auf Rang 9.

Hier ein paar Bilder wie dicht Tokyo über­baut ist:

Trotz­dem gibt es immer wieder men­schgemachte poet­is­che Momente: Die Lat­er­nen eines Iza­kaya (Kneipe), ein Onsen, und vor allem Tem­pel und Schreine.

Und als Kon­trast­pro­gramm: In Tokyo Aki­habara, die Elec­tric Town, Hara­juku, der «crazy spot», mit lär­menden Leuchtrekla­men und Igelkaf­fees. Shibuya mit der Kreuzung oder in Osa­ka Doton­bori als weit­ere sehr leb­hafte Orte.

Wobei alle genan­nten Vier­tel abso­lut sehenswert sind. Ein­fach dur­chat­men und cool bleiben…

Eine japanis­che Fre­undin fragte mich, was ich nun an Japan mag und was nicht, bzw. was meine grössten Ein­drücke waren. Die Antwort war schnell gefun­den: Wider­sprüche oder zumin­d­est Gegen­sätze. Die tra­di­tionelle japanis­che Reli­gion ist Shin­to, die starke Naturele­mente bein­hal­tet. Die Städte dage­gen sind unheim­lich dicht und Grün ist Man­gel­ware. Dafür gibt es (als Ersatz?) Stre­ichelkaf­fees für Hunde, Katzen, Zwergschweine, Otter und … Igel.

Auch wenn ich Igel mag, fand ich das Ganze nicht unter­stützenswert und verzichtete auf einen Besuch.

Japanis­che Städte sind aus Architek­tur­sicht keine Schön­heit­en. Der 2. Weltkrieg und Erd­beben haben Spuren hin­ter­lassen. Unge­wohnt für unser Auge sind die Freileitun­gen. Nach Erd­beben sind Schä­den so schneller zu beheben. Dafür gibt es ausser­halb der Metropolen unberührte Natur.

Die Men­schen sind hil­fs­bere­it und fre­undlich. Auf Englisch sollte man sich vor allem ausser­halb der Städte nicht ver­lassen. Japan ist per­fekt durchge­tak­tet. Für das Essen gibt es einen Slot, für Besuche von Sehenswürdigkeit­en und auch der Bus zum Flughafen hat einen. Mit andern Worten: Spon­tan ist in Japan unter Umstän­den schwierig. Hat man ein Anliegen ausser­halb der Norm, kann es zum Aben­teuer wer­den. Ein wenig Japanisch sprechen und ver­ste­hen hil­ft sehr.

U‑Bahn und Navigation

Die U‑Bahn ist, wenn das Sys­tem durch­schaut ist, sehr ein­fach zu benutzen. Oft gibt es einen «City Ring», mit dem die für Touris­ten inter­es­san­ten Orte besucht wer­den kön­nen. Anstatt sich mit Zonen herumzuschla­gen, schaut man auf dem Plan über den Tick­e­tau­to­mat­en den Fahrpreis von A nach B nach und löst ein entsprechen­des Tick­et. Es kann vorkom­men, dass der Plan nur japanisch beschriftet ist. In dem Falle mit Google Trans­late ein Foto über­set­zen lassen und gut ist. Das Beispiel zeigt, dass es sich lohnt, eine japan­siche SIM Karte zu lösen, um auch unter­wegs mobile Dat­en für Maps und Trans­late nutzen zu kön­nen. E‑Sim sind gün­stig zu haben, z.B. von Airalo und kön­nen schon vor Antritt der Reise instal­liert wer­den.

Getränkeautomaten

Man begeg­net ihnen auf Schritt und Tritt. Ange­boten wer­den viele Tee­vari­anten. Einige sind bekömm­lich, der Ger­sten­tee (Mugicha) — na ja. Kaf­fee ist kalt und heiss zu haben, eben­so unzäh­lige Limon­aden. Hier hil­ft aus­pro­bieren. Die Preise liegen zwis­chen 130 und 200 Yen pro Getränk.

Eine Bat­terie von Getränkeau­to­mat­en. Die Vielfalt kann dur­chaus erschla­gend wirken.

Abfall

Abfall­eimer in Japan? Meist Fehlanzeige. Es wird erwartet, dass der Abfall nach Hause genom­men wird. Eine Aus­nahme sind die Recy­cling-Box­en neben Getränkeau­to­mat­en. Also am besten immer einen kleinen Plas­tik­sack für den Abfall im Ruck­sack mit­tra­gen.

Shinto

Shin­to, «der Weg der Göt­ter» ist die tra­di­tionelle Reli­gion Japans. Inter­es­sant, dass Shin­to in der Mei­ji-Restau­ra­tion 1868 als nationaler Kult mit dem Ten­no (ver­gle­ich­bar mit dem Kaiser) als ober­ste Instanz zur Wieder­bele­bung der Macht des Ten­no einge­set­zt wurde. Bis zum Shin­but­su-Bun­ri waren Shin­to und Bud­dhis­mus eng ver­woben. Mit der Erhe­bung des Shin­to zur Staat­sre­li­gion 1868 mussten bud­dhis­tis­che Stat­uen, Bilder und andre Reliquien aus den Shin­to Schreinen ent­fer­nt und Schreine mit bud­dhis­tis­chen Namen umbe­nan­nt wer­den. Dabei kam es auch zur Ver­bren­nung bud­dhis­tis­ch­er Schriften, Tem­pelplün­derun­gen und der Ermor­dung bud­dhis­tis­ch­er Mönche. Die Poli­tik der Tren­nung wurde 1872 weit­ge­hend eingestellt.

Ein zen­traler Begriff im Shin­to sind die «Kami». Das sind:

  • Vergöt­tlichte Natur­we­sen und Natur­phänomene
  • Zaubertiere (gewöhn­lich boshafte Schlangen- oder Fuchs­geis­ter, die vom Men­schen Besitz ergreifen)
  • Ahnen­got­theit­en bzw. ‑geis­ter (mythol­o­gis­che Fig­uren)
  • Got­theit­en indis­chen, chi­ne­sis­chen oder kore­anis­chen Ursprungs
  • Vergöt­tlichun­gen von ein­flussre­ichen his­torischen Per­so­n­en
  • Vergöt­tlichte Gegen­stände

Es gibt im Shin­to keine schriftlichen Gebote, jedoch soll das Leben in Übere­in­stim­mung mit den Kami geführt wer­den. Die Kami sind zwar per­fek­ter als Men­schen, aber nicht abso­lut per­fekt. Der Wert ein­er Hand­lung ergibt sich aus deren Kon­text. Schlechte Hand­lun­gen sind solche, die eine gegebene Har­monie beschädi­gen. Rein­heit ist ein erstrebenswert­er Zus­tand und erfordert, Beschmutzun­gen physis­ch­er und spir­itueller Natur zu ver­mei­den. Shin­to Rit­uale wer­den für freudi­ge Ereignisse ver­wen­det (z.B. Hochzeit oder Seg­nung eines neuen Autos), während Begräb­nisz­er­e­monien eher bud­dhis­tis­chen Geistlichen anver­traut sind.

Hier wer­den im Shin­to Schrein Autos geseg­net.

Die Moral im Shin­to besagt, dass der Men­sch an der Stelle, an die er von den Göt­tern berufen wurde: Rein, klar, aufrecht und redlich sein muss. Ist der Men­sch unfähig, diese Anstren­gung zu leis­ten, helfen ihm die Reini­gungsriten des Shin­to. Reini­gung im Sinne von Shin­to vere­inigt Moral und Reli­gion. Die Vere­ini­gung der göt­tlichen Macht, die den Men­schen läutert und in den Nor­malzu­s­tand zurück­ver­set­zt und ander­er­seits die men­schliche Anstren­gung selb­st, sich zu reini­gen, damit das Leben im Ein­klang mit dem «Weg der Kami» ist. Quelle: Edmond Rochedieu. Der Schin­to­is­mus, Edi­to-Ser­vice S.A. Genf, 1973

Japan­er haben kein Prob­lem sich gle­ichzeit­ig zu Shin­to und Bud­dhis­mus zu beken­nen. Dies zeigt auch die Sta­tis­tik. Shin­to ist eine synkretis­tis­che (Ver­mis­chung ver­schieden­er Reli­gio­nen, Kon­fes­sio­nen oder philosophis­ch­er Anschau­un­gen) Reli­gion.

Shinto Schreine  und Buddhistische Tempel

Wie unter­schei­det man Schreine und Tem­pel? Shin­to-Schreine haben ein Ein­gangstor, das Tori.

Tori zum Mei­ji Jin­gu Schrein in Tokio. Gut zu sehen das kaiser­liche Siegel.

Bud­dhis­tis­che Tem­pel haben ein schräges, hausar­tiges Ein­gangstor.

Am Ein­gang eines Shin­to-Schreins gibt es die Schöpfkellen, mit denen das Wass­er zur spir­ituellen Reini­gung geschöpft wird. Weit­er zeich­nen sich Shin­to Schreine durch ein Seil, Shi­me­nawa genan­nt aus. Dieses tren­nt die Göt­ter von unser­er Welt. Das Seil ist auch ein Zeichen göt­tlich­er Präsenz. Am Seil befind­en sich zack­ige Papier­streifen, die Shide. Diese sym­bol­isieren eine heilige Gren­ze.

I

Shi­me­nawa und Shide, Kon­pira-San (Koto­hi­ra-gu)

In Bud­dhis­tis­chen Tem­peln ste­ht ein Räucherge­fäss, in dem Räuch­er­stäbchen ver­bran­nt wer­den.

Räucherge­fäss im Sen­so­ji Tem­pel, dem ältesten in Tokyo.

Keine gute Idee ist, das Räuch­er­stäbchen an einem bere­its bren­nen­den anzusteck­en. Dann übern­immt man die Sün­den der Per­son, die das bere­its bren­nende Stäbchen angezün­det hat. Eine aus­führliche Erk­lärung mit Etikette für Schreine und Tem­pel gibt es hier.

Was hat es mit den Statuen und den roten Lätzchen auf sich?

Es han­delt sich um bud­dhis­tis­che Jizu Stat­uen. In Japan gilt der Jizo als Beschützer der unge­bore­nen See­len und der Kinder, die vor dem Ein­tritt ins Erwach­se­nenal­ter ster­ben. In der Edo-Zeit wur­den Kinder, die nach dem ersten Sohn geboren wur­den getötet. Der Mut­ter wur­den 7 Tage Trauerzeit zuge­s­tanden. Danach musste sie das Kind “vergessen” und alle Erin­nerun­gen an das Kind wur­den dem Jizo übergeben. In ländlichen Regio­nen wer­den den Stat­uen Spielzeug und Klei­dung darge­boten. Der Geruch der Lätzchen und Mützchen sollen das Kind an das hiesige Leben erin­nern.

Onsen

Onsen sind meist warme Bäder. Diese gibt es in Hotels bzw. Ryokan (japanis­ches Gasthaus). Auch hier gibt es eine Etikette. Schuhe ausziehen, Kör­p­er reini­gen und das Onsen nur mit einem kleinen Tuch, das zum Kühlen des Kopfs im Onsen ver­wen­det wird, betreten.

Schuhe

Es ist im Grunde ein­fach. Sobald  man eine Erhe­bung, meist aus Holz vor sich sieht, sollte man sich umse­hen, ob die Schuhe auszuziehen sind. Dies wird mit durchgestrich­enen Schuhen angezeigt. Schuhe sind oft in Tem­peln, Schreinen und in Restau­rants auszuziehen, in Onsen immer. Sel­tener wer­den auch auf dem stillen Örtchen andere Pantof­feln ange­zo­gen. Mit weni­gen Aus­nah­men sind die Onsen nach Geschlechtern getren­nt.

Samurai

Samu­rai sind eine wichtige Kom­po­nente im japanis­chen Feu­dal­sys­tem. In der Edo Zeit, in der 250 Jahre Frieden herrschte, entwick­el­ten die Samu­rai das Bushi­do.  Und beschäftigten sich auch mit Enten­jagd, um die Waf­fen­fer­tigkeit zu behal­ten. Die Fotos ent­standen im Ein­gangs­bere­ich zum his­torischen Muse­um Osa­ka. Dieses zeigt unter anderem Mod­elle von Osa­ka aus der Edo-Zeit.

Architektur

Dass die Japan­er Sinn für schöne Dinge haben, ist augen­fäl­lig. So erstaunt es nicht, dass her­aus­ra­gende Baut­en zu find­en sind. Da ich kein Architek­turken­ner bin, hier ein paar Bilder von Baut­en, die mich beein­druck­ten:

Alte Architektur

Und selb­stver­ständlich gibt es unzäh­lige Vertreter von alter Architek­tur. Hier die Burg Hime­ji. Innen muss man höl­lisch auf­passen, sich den Kopf nicht an den tief gele­ge­nen Balken zu stossen. Die Trep­pen sind sehr steil und eng angelegt. Die weisse Farbe musste immer wieder erneuert wer­den. Wer sich das leis­ten kon­nte, war reich.

Brücken

Brück­en gibt es viele in Japan. Eine beson­dere ist die Akashi-Kaikyō Brücke. Mit ein­er Stützweite von 1991 Metern war sie bis 2022 die läng­ste Hänge­brücke der Welt.

In der Akashi Meerenge entste­hen gewaltige Gezeit­en­wirbel. Diese kön­nen mit einem Boot besucht wer­den.

Kunst

Naoshi­ma ist die “Insel der zeit­genös­sis­chen Kun­st.” Auf der Insel befind­en sich Instal­la­tio­nen und Museen. Darunter das Chichu Art Muse­um mit Werken von Wal­ter de Maria, Claude Mon­et und James Tur­rell. Ikonisch ist der Kür­bis von Yay­oi Kusama. Der Kür­bis wurde übri­gens im August 2021 durch einen Tai­fun schw­er beschädigt und danach unter Auf­sicht der Kün­st­lerin wieder instand gestellt.

Gärten

Zum Abschluss Impres­sio­nen aus dem Kokoen Garten, der direkt neben dem Hime­ji Schloss liegt.