Linie Brechen und ein Glücksmoment
Nachtrag: Freitagabend, 21.10.2016. Linie Brechen, wieder! Wir stehen einen hohen Zenkutsu. Der Angriff ist Tsuki Jodan. Erich erklärt uns geduldig, dass wir zuerst den Tsuki mit der Vorhand kontrollieren müssen und erst dann mit dem Vorderfuss den Schritt 45 Grad nach hinten machen und gleichzeitig die Partnerin, einen Handwechsel ausführend, mit der andern Hand kontrollieren sollen. Das patsch-patsch durch das Kontrollieren des Tsukis mit der Vorhand und Gegenhand war Freude pur. “Es” funktionierte, zuerst langsam und mit gestiegenem Vertrauen auch schneller.
Der Fokus war nicht mehr, sich zu stressen und den Schritt nach hinten zur Seite zu machen. Sondern zu kontrollieren und dann ergab sich der Rest von selbst. Und da war er, dieser Karate-Glücksmoment!
14.10.2016. Beim Betreten der Turnhalle stechen die Matten an den Wänden ins Auge. Aha, denkt der Karateka. Und so wechselt das von Dani geleitete Training zwischen Faust- und Fusstritten gegen die “Makiwaras” und Kumite-Runden. In der Halle sind netterweise zwei schwarze Quadrate eingezeichnet. Ob da jemand an die Kampfsportlerinnen gedacht hat? Bei den Kumite-Runden galt, wer aus dem Quadrat tritt, macht 10 Liegstütze, wer 5 Gegentreffer erhält, ebenfalls. So waren doch alle bemüht, auf dem zugewiesenen Feld zu bleiben und sich nicht treffen zu lassen.
Weil die zwei Felder nicht ausreichten, fand Dani dann die blauen Linien, die im Abstand von 3 Metern quer durch die Halle gehen. Und in diesen mit den oben genannten Regeln zu kämpfen ist nicht nett.
Nun kommt es, das Linie brechen, oder wenigstens der Versuch dazu. Der Kopf ist willig, macht den Plan, das Beste aus den 3 Metern Platz zur Seite zu machen: Wenn sie angreift, dann wieselflink zur Seite und den Konter in die offene Flanke geniessen. Aber nein, ihr ahnt es, der Kopf gibt das Signal “jetzt” und bis sich unten im Fahrgestell was tut, bleibt nichts anderes übrig als dem Angriff mit Suri-Ashi die Wirkung zu nehmen. Es ginge wohl um zwei Dinge: Die Art des Angriffs möglichst früh erkennen und je nach Situation mit dem Vorder- oder Hinterfuss genügend schnell zur Seite auszuweichen.
Das Fuss-Thema wird hier übrigens in der Tiefe abgehandelt: Fussarbeit im Shotokan-Dô. Lesen hilft, Karate machen jedoch mehr. Wir arbeiten daran…
Foto: Aufstieg zum Col de Crousette, 2480 m, Dépt. Alpes-Maritimes. Auf dem GR 5/52 vom Genfersee ans Mittelmeer