Weihnachtsgeschichte
So um den Lee Wyden Cup im letzten Jahr dachte der kleine Igel Stoppel, dass es Zeit für den Winterschlaf wäre. Schon seit einiger Zeit hatte er sich Fettpolster angefressen und ein trockenes Nest unter einem Haufen Zweigen mit Laub ausstaffiert. Das Jahr war anstrengend gewesen und vor dem ersten Winterschlaf hatte Stoppel gehörig Respekt. Wenn Igeln etwas zustösst, dann oft während dem Winterschlaf. Und das durfte Stoppel auf keinen Fall geschehen, denn im Frühjahr wollte er seinen Blauen Stachel im Karate durch einen Braunen ersetzen. Er fand, das passe einfach besser zum Igelkleid. Während der langen Monate wachte er ab und an auf, um sich kurz umzusehen, zu entleeren und weiterzuschlafen. Er träumte von seiner Prüfung und vom Kumite, wo er mit seiner Spezialtechnik «die Kugel machen» seine Kontrahenten immer wieder zur Verzweiflung brachte, obwohl er doch «nur» den blauen Stachel hatte.
Es wurde wärmer, und so einen Monat vor dem Osterlager war Stoppel aufgewacht, weil die Sonne den Asthaufen erwärmte. Er hatte Hunger und wollte sich nach etwas Essbarem umsehen. Igel tun dies in der Nacht und verlassen sich auf ihre Ohren. Er stellte seltsame Dinge fest: Die Schleiereule Eulalia schaute verändert aus, er konnte ihr Gesicht nicht wiedererkennen. Auch Fux, der Fuchs, schaute anders drein. Und erst Fax, der Dachs. Vor dem musste Stoppel sich in Acht nehmen, denn Fax hatte kräftige Tatzen und würde die Kugel, die er bei Gefahr zu machen pflegt, öffnen können, und dann wäre es nichts mit dem Braunen Stachel.
Während er auf der Wiese lauschte, ob sich da ein Wurm regt, kam Hasi daher, Meister Langohr. Er war ein angenehmer Zeitgenosse, aber diesmal wurde Stoppel angeherrscht: «Maske auf!» Stoppel schaute verdattert drein. Das war es also, warum ihm Eulalia, Fux und Fax so seltsam vorgekommen waren. «Was ist denn los?» wollte Stoppel wissen. Ach ja, meinte Hasi, Du hast ja gar nichts mitbekommen, weil Du geschlafen hast. Es gibt ein neues Virus, und vor dem müssen wir uns schützen. Hasi überreichte ihm ein Blatt vom Wiesen- und Waldgesundheitsamt mit den Verhaltensregeln. Es dauerte eine Weile, bis Stoppel das einsortiert hatte. Dann meinte er: Und was ist mit Karate? Was ist mit meiner Prüfung? «Frag in deinem Dojo nach, das kann ich Dir nicht sagen» antwortete Hasi und hoppelte in den warmen Frühlingstag.
Im Dojo konnte Stoppel nicht trainieren, aber der Karate-Meister kam ab und zu bei ihm vorbei und zeigte, wie Stoppel auf seinem Weg weiterkommen konnte. Stoppel liess sich nicht beirren und trainierte fleissig und viel. Die Trainingslager, die ihm so gut gefielen, fanden nicht statt, aber immerhin konnten sie, als wieder trainiert werden durfte, ab und zu nach dem Training gemeinsam einen Wurm verzehren und sich an einem vergorenen Apfel erlaben.
Im späten Herbst war es endlich soweit, es fand die einzige Prüfung in diesem Jahr statt. Stoppel war sehr nervös. Es war bald Zeit für den Winterschlaf, und er musste weit, weit reisen. Zum Glück ging alles gut, und er machte den Braunen Stachel. Zufrieden betrachtete er sein Kleid und fand das sehr stimmig.
Der Jahreskreis neigte sich dem Ende zu und Stoppel ging wieder zu seinem Nest vom letzten Jahr. Da war es sehr behaglich, er blieb gerne zu Hause. Stoppel tauchte langsam in den Winterschlaf ein. Er träumte davon, den Schwarzen Stachel zu machen und vor allem, dass er im nächsten Frühling seine Freunde vom Karate wieder sehen wird und alles besser sei. Dann begann es leise zu schneien, und Hasi meinte zu Fux: «So schlecht macht es der Stoppel auch nicht mit seinem Winterschlaf».
Bliibed Gsund!
Hier noch ein Bild (danke Gabi) vom letzten Training vor dem zweiten Lockdown.